Der rote Faden
Eine kurze, leicht nachvollziehbare Skizze über Luthers und Hegels Einfluss auf die deutsche Geistesgeschichte und deren Folgen
1. Theologischer Hintergrund
a) Das klassische Gottesbild, das Erasmus von Rotterdam vertrat, stellt sich wie folgt dar:
- Gott ist die Liebe, in ihm ist nichts Böses.
- Der Mensch hat einen freien Willen und kann und muss zwischen Gut und Böse unterscheiden.
- Er trägt die Verantwortung für seine Entscheidung und für die Folgen daraus.
- Durch die Entscheidung für das Böse trennt sich der Mensch von Gott und schädigt sich selbst und andere.
- Durch die Bitte um Vergebung kann der Mensch sich wieder mit Gott versöhnen.
- Die Versöhnung bietet Gott durch das Sühnopfer Christi am Kreuz an.
- Gott ist eine Seins-Identität, er ist immer der Gleiche.
- Gott ist die absolute Wahrheit.
- Die Wahrheit ist widerspruchsfrei.
b) Das Gottesbild Martin Luthers:
Biblische Grundlage In dem Buch Martin Luthers: „Der geknechtete Wille“(1) erklärt er sein Gottesbild in der Auseinandersetzung mit Erasmus von Rotterdam, der die klassische Position vertrat. Martin Luther beruft sich auf verschiedene Bibelstellen, u.a. auf Exodus 10, 1-2.
Diese Bibelstelle hat folgenden Wortlaut (2):
Vers 1: Der Herr sprach zu Mose: Geh zum Pharao! Ich habe sein Herz und das Herz seiner Diener verschlossen, damit ich diese Zeichen unter ihnen vollbringen konnte.
Vers 2: und damit du deinem Sohn und deinem Enkel erzählen kannst, was ich den Ägyptern angetan und welche Zeichen ich unter ihnen vollbracht habe. Dann werdet ihr erkennen, dass ich der Herr bin.
Sich auf diese und ähnliche Bibelstellen berufend formuliert Luther sein Gottesbild wie folgt:
- In Gott ist das Böse und das Gute.
- Gott tut das Böse, um das Gute zu erreichen.
- Gott sündigt durch den Menschen.
- Der Mensch hat keinen freien Willen, alles ist vorherbestimmt von Gott.
- Gott ist ein Werdensprinzip, er verwirklicht sich durch das, was er tut.
- Alles ist Gnade.
Theologische Konsequenz
- Abschaffung des Bußsakraments, weil der Mensch prädestiniert, unfrei und schuldlos ist.
- Abschaffung der Heiligenverehrung, weil der schuldlose Mensch keiner Fürsprecher bedarf.
- Abschaffung des Fegefeuers, weil der schuldlose Mensch keine Schuld sühnen muss.
2. Philosophischer Hintergrund
a) Das Gottesbild des Philosophen Georg Friedrich Hegel (1770-1831)
- „In Gott ist das Gute und das Böse.“(3)
- Die vierte Person Gottes ist der Diabolo. (4)
- Gott ist ein dialektischer Gott.
- Gott ist die Einheit des Widerspruchs.
- Gott, Welt und Menschen entwickeln sich.
b) Das Weltbild des Philosophen Martin Heidegger (1889-1976)(5)
- Er erklärt die Welt ohne Gott.
- Die Welt besteht aus Widersprüchen.
- Die Widersprüche streiten miteinander.
- Der jeweils stärkere Widerspruch setzt sich durch.
- Die Welt entwickelt sich durch den sich durchsetzenden stärkeren Widerspruch.
- Weil sich ihm die nationalsozialistische Position stärker erweist als das christlich-jüdische Menschenbild, macht er sich zum Vordenker der Nationalsozialisten.
3. Folgerungen für politische Ideologien
Dialektischer Materialismus von Karl Marx (1818-1883):
- Karl Marx reflektiert Friedrich Hegel und sein dialektisches Gottesbild.
- Wenn Gott das Böse tut, um das Gute zu erreichen,
- dann darf auch der Mensch das Böse tun, um das Gute zu erreichen,
- dann ist die Vernichtung der Kapitalisten gerechtfertigt für den Sieg des Proletariats.
- Er nennt dies dialektischen Materialismus, weil es um Besitzverteilung geht.
4. Folgerungen für die katholische Theologie
a) Karl Rahner (1904-1984) versucht das Unmögliche:
- Die Versöhnung von Dialektik einerseits und widerspruchsfreier Wissenschaft und katholischer Theologie andererseits.
- Er will „alle Ansichten in Eins bringen“.
- Die Vermischung von Gott – Schöpfung – Evolution.
- Ökumene als Versöhnung des Widersprüchlichen.
- „Die Sünde gehört auf den Müllplatz der Weltgeschichte“ und wird sozialisiert und deponiert.
- „Das überkommene Gottesbild muss zertrümmert werden“
b) Früchte der Theologie Karl Rahners:
- Mangelnder Priesternachwuchs.
- Widersprüchliche Priesterausbildung.
- Niedergang des Bußsakraments mangels Schuldbewußtsein.
- Niedergang der Kirche mit fast Totalverlust der Jugend.
- Keine Ausstrahlung der Kirchenvertreter.
- Kompromissbereitschaft von vielen Kirchenvertretern in der Debatte über Abtreibungsscheine.
- Höherbewertung des Gewissens als die kirchliche Norm (Königssteiner Erklärung).
- Widerspruch von Kirchenvertretern Rom gegenüber beflügelt den Widerspruch von Gläubigen dem kirchlichen Lehramt gegenüber.
- Entwicklung subjektiver Glaubenshaltungen.
5. Auswirkungen auf die Naturwissenschaften:
- Mangelnde Unterscheidung zwischen Mikro- und Makroevolution.
- Makroevolution wird ohne wissenschaftliche Fundierung als Ideologie akzeptiert.
- Der Mensch als Produkt der Entwicklung wird bewertet.
- Ein geistig behindertes Kind ist als Kostenfaktor weniger wert als ein „Mastschwein“ (6).
- Börsenfähiger Handel mit menschlichem Erbgut (Eizellen, Spermata und Embryonen) steht bevor.
- Der Mensch erhebt sich zum Schöpfer.
6. Aktuelle politische Auswirkungen
- Eine absolute Wahrheit und die Verantwortung davor werden geleugnet.
- Die Verbindlichkeit der zehn Gebote zum Schutz vor Selbstschädigung wird geleugnet.
- „Die Kultur des Todes“ schreitet schleichend voran. Schutz des Lebens wird zunehmend versagt.
- Der Staat legalisiert gleichgeschlechtliche Beziehungen und stellt sie mít Familien gleich.
- Der Staat stellt in den Schulbüchern unseren Kindern gleichgeschlechtliche Partnerschaften als legitime alternative Lebensform zur Ehe vor.
- Der Staat verkündet in den Schulbüchern unseren Kindern, dass der Mensch vom Affen abstammt.
- Die Gender Bewegung (Unterscheidung zwischen biologischem und sozialem Geschlecht) ist stark auf dem Vormarsch (besonders in Bildung und Forschung).
(1)De servo arbitrio, Angaben
(2) Zitiert nach der Einheitsübersetzung.
(3) Zit. aus „Die Inkarnation des Logos. S. 225 ff.
(4) GF Hegel: Phänomenologie des Geistes. Hrsg. Glöckner, Stuttgart 1927, S. 592
(5) Vgl. Die Inkarnation des Logos, S. 457 ff.
(6) Zit. von Prof. em. Dr. Lothar Roos, Christliche Gesellschaftslehre und Pastoralsoziologie Universität Bonn